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Die Verbraucher im Mittelpunkt des Interesses.

Welche Wünsche und Forderungen richten die Verbraucher an die europäischen Instanzen? Allgemein ausgedrückt die Schaffung eines wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeldes, das den Interessen der Verbraucher mehr Rechnung trägt. Den Verbrauchern muss in einem transparenten Markt die freie Wahl gelassen und ihnen umfassende Informationen geboten werden. Allerdings macht ein Übermaß an Informationen die Information zunichte, und zuweilen vergessen die Verbraucher, worin der Unterschied zwischen der Aufnahme der Information und deren Verstehen besteht. Diese Feststellung muss die Luxemburgische Verbrauchervereinigung ULC übrigens tagtäglich machen, welche in ihren Räumlichkeiten Verbraucher empfängt, die nicht in der Lage sind, sich selbst gegen einen unseriösen Branchenprofi zur Wehr zu setzen.
Aus diesem Grund haben die Verbraucherverbände stets eingefordert, den Verbraucher in den Mittelpunkt der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Europäischen Union zu stellen und die Rolle der unabhängigen Verbraucherschutzorganisationen zu stärken, die über die personellen, materiellen und technischen Mittel verfügen müssen, welche zur Erfüllung ihrer Aufgabe unentbehrlich sind, nämlich das Eintreten für die Rechte und Interessen der Verbraucher. Die Verbraucherverbände müssen das Recht auf Konsultation haben, wenigstens auf repräsentativem Wege. Darüber hinaus muss im Rahmen des Beschlussfassungsprozesses u. a. mittels Anhörungen und vorheriger Konsultationen eine rechtliche beziehungsweise administrative Definition der Rechte und Interessen der Verbraucher gefunden werden. Hinzu kommt die Forderung der Verbraucherverbände, sich an der Reglementierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse beteiligen zu können.
Es geht also nicht darum, die Verbraucher insbesonders durch ein Überangebot an Informationen in ihrer Überzeugung zu bestärken, dass ihre Interessen wirklich geschützt werden, sondern ihre Rechte zur Mitbestimmung fest zu verankern.
Die Mündigwerdung der Verbraucher hat für sich genommen kein zufriedenstellendes Ergebnis erbracht. Darauf zu hoffen, dass eine Politik, die das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt weckt, in Verbindung mit einer Revisionspolitik bezüglich der Errungenschaft der Verbraucherschutzbestimmungen im Zusammenhang mit einer Harmonisierung mit maximalistischer Tendenz, alle Probleme regeln würde, ist ein Fehler. Man muss sich von der Theorie des durchschnittlichen Verbrauchers verabschieden, den der Europäische Gerichtshof als einen „normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher“ definiert hat, und dagegen wieder die Rolle der Verbraucherverbände stärken. Den aufgeklärten, gut informierten Verbraucher, der sich seiner Entscheidungen bewusst ist, gibt es nicht.
Die Verbraucherschutzorganisationen sind notwendig und unverzichtbar, um das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und um den Binnenmarkt aufzubauen. Dafür müssen ihnen Rechte gewährleistet werden, insbesondere das Konsultations- und Anhörungsrecht.
Allerdings teilen diese Sichtweise nicht alle, besonders jene nicht, die für eine vollständige Harmonisierung der Rechtsvorschriften für den Verbraucherschutz eintreten. In diesem Fall ginge es darum, zunächst den Binnenmarkt mittels einer solchen Harmonisierung zu öffnen und zu dynamisieren, und anschließend nur die Frage des Verbraucherschutzes anzugehen. Einigkeit herrscht aber über die Notwendigkeit, den Zahlungsverkehr zu harmonisieren. Dies beweist übrigens das derzeit eingeführte neue SEPA-System. Ein harmonisiertes Zahlungssystem bildet in gewisser Weise die Stütze des Binnenmarktes. Jedoch erfordern andere Themen wie die Finanzmärkte, und insbesonders die Anleihen und Versicherungen, eine tiefergehende Analyse. Auf jeden Fall muss das oberste Ziel der europäischen Politik weiterhin darin bestehen, ein hohes Niveau der Verbraucherschutzstandards zu gewährleisten, wobei Überregulierung zu vermeiden ist. Die ULC ist der Ansicht, dass die Wahrung der Verbraucherinteressen an sich keine Bremse für das Funktionieren des Binnenmarktes darstellt, insofern als es – übrigens auch nationale – Beispiele dafür gibt, die aufzeigen, dass die Unternehmen, die aktiv auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher eingehen, oft wettbewerbsfähiger und innovativer sind.

Guy Goedert
Direktionsbeauftragter

25/06/2014