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Nein zum Freihandelsabkommen!!!

Sofortiger Stopp der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA gefordert

Breites Bündnis von sozialen, landwirtschaftlichen, Nord/Süd- und Umweltorganisationen:

Seit Juli 2013 verhandeln die EU und die USA über ein umfangreiches Freihandelsabkommen, die sogenannte Transatlantische Handels- und Investment-Partnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, kurz TTIP). Ziel des Abkommens ist, unterschiedliche rechtliche Standards für Produkte zu beseitigen oder abzubauen und somit den freien Handelsaustausch zu fördern.

In einer gemeinsamen Plattform setzen sich nun die Gewerkschaften Aleba, FNCTTFEL, LCGB, OGBL und Syprolux, die „Union Luxemburgeoise des Consommateurs“, Caritas Luxemburg, die Umweltbewegungen Greenpeace Luxemburg und Mouvement Ecologique, die Plattform der Entwicklungsorganisationen Cercle de coopération Luxembourg und die Action Solidarité Tiers Monde, sowie die landwirtschaftlichen Verbände „Jongbaueren a Jongwenzer“ und „Bio-Lëtzebuerg – Vereenegung fir Bio-Landwirtschaft Lëtzebuerg“ geschlossen gegen dieses geplante Freihandelsabkommen ein. Dass ein derartiges, in Luxemburg doch nicht so häufig anzutreffendes breites Bündnis der Zivilgesellschaft entstanden ist, zeigt die hohe politische Brisanz der Thematik.

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA würde in der Tat gravierende Folgen für unseren demokratischen Rechtsstaat haben und u.a. soziale, ökologische, ethische Rechte und Überzeugungen, die in unseren Demokratien über Jahrzehnte hinaus gewachsen sind, substantiell in Frage stellen.

Unter dem offiziellen Vorwand innerhalb von 10 Jahren eine vermeintliche 0,5%-tige Steigerung des Wachstums generieren zu können, d.h. lediglich 0,05% jährlich (!), sollen über Jahrzehnte erkämpfte und von nationalen Parlamenten demokratisch legitimierte Regeln außer Kraft gesetzt werden!

Die Argumente, die für einen sofortigen Stopp der Verhandlungen sprechen, sind somit in den Augen des Aktionsbündnisses erdrückend:

Befürchtet wird, dass durch das Freihandelsabkommen Standards und Errungenschaften in den Bereichen Umwelt- und Verbraucherschutz, Arbeitnehmerrechte und Gesundheit als „Handelshemmnisse“ angesehen und „nach unten revidiert werden“.

So soll dem „Investitionsschutz“ von Unternehmen gegenüber anderen gesellschaftlichen Zielen ein Primat zukommen. Firmen, die sich durch bestimmte Regeln in ihrer ökonomischen Aktivität gehemmt sehen, könnten vor einer Schiedsstelle – die aus 3 genannten Personen bestehen soll (also keinem Gericht!), ihre vermeintlichen Rechte einfordern: Durch ihren Schiedsspruch, der de facto keine demokratische Legitimation hätte, könnten letztlich anerkannte Normen der Länder ausgehebelt werden.

Nachdem sich in der EU Hunderttausende von BürgerInnen mit Erfolg in einer Initiative gegen die Privatisierung der Wasserwirtschaft eingesetzt haben, sollen durch das Freihandelsabkommen ggf. öffentliche Dienste liberalisiert und durch die „marchés publics“ über die Hintertür ermöglicht werden.

Da auch Sozialstandards im Freihandelsabkommen verhandelt werden, besteht somit das Risiko, dass soziale Mindeststandards in Frage gestellt werden.

Auch Umweltnormen sind betroffen: Grenzwerte zum Schutz der Umwelt- sowie der Gesundheit der Menschen, Verbote von bestimmten Stoffen oder Restriktionen (z.B. auf der Ebene von Pestiziden) würden ohne Zweifel in Frage gestellt. Somit wäre letztlich auch der Verbraucherschutz der Verlierer.

Das geplante TTIP würde auch gravierende Auswirkungen auf die internationalen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen haben. Eine neu geschaffene transatlantische Freihandelszone dient nach dem Willen ihrer Initiatoren auch dazu, den aufstrebenden Schwellenländern, allen voran China, entgegenzutreten. Es ist somit geeignet, die wirtschaftlichen und politischen Konflikte zu verschärfen und eine multilaterale Weltwirtschafts- und Welthandelsordnung in Frage zu stellen.

Und es liegt auf der Hand, dass derartige Regulierungen auch zu Sozialdumping und zu einer verstärkten Konkurrenz mit in Entwicklung begriffenen Ländern führen würden.

Das erhebliche demokratische Defizit in den Verhandlungen ist ein weiterer gravierender Kritikpunkt. Gemäß eigenen Aussagen der Verhandlungsführer waren bis dato 90% der in die Debatte einbezogenen Akteure Wirtschaftsvertreter; andere Interessengruppen waren bis dato nicht einbezogen. Auch das Europäische Parlament ist vom Verhandlungsprozess weitgehend ausgeschlossen (die Kommission führt die Verhandlungen). Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente bekommen lediglich das Endprodukt, also den finalen Text des Abkommens, zu Gesicht. So werden diese zu „Kopfnickern“ degradiert: Es ist vorgesehen, dass sie lediglich zum Schluss der Verhandlungen das gesamte Abkommen gutheißen oder ablehnen können. Zudem werden nicht alle Details im Vertragswerk selbst geregelt werden können (z.B. wie eine spezifische Norm noch aussehen kann); die Aushandlung der Details soll den Vertragspartnern überlassen werden.

Wo ansonsten Parlamente oder zumindest das Europarlament, Ministerräte nächtelang um einen Konsens ringen, soll hier ein Blankoscheck ausgeteilt werden, der die zentralen Lebens- und Kernbereiche einer modernen Gesellschaft betrifft! Unter solchen Voraussetzungen muss man sich nicht wundern, wenn das Vertrauen der BürgerInnen in die EU weiter schwindet…

Die im Bündnis zusammengeschlossenen Organisationen sind deshalb auch der festen Überzeugung, dass eine Korrektur an der Orientierung des Abkommens nicht zielführend ist. Angesichts der derart gravierenden Auswirkungen des Freihandelsabkommens und des augenscheinlichen Demokratiedefizites ist ein klares Nein zum Freihandelsabkommen unerlässlich.

Die unterzeichnenden Organisationen erwarten aus diesen Überlegungen heraus eine klare Stellungnahme der Regierung, sowie klare Aussagen der politischen Parteien und ihrer Kandidaten im Vorfeld der EU-Wahlen am 25.Mai.

13/05/2014