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Stiefkind Verbraucherschutz…

Trotz den aktuellen Lockerungen, welche das Zusammenleben der Menschen erleichtern, ist die Covid 19-Krise alles andere als überwunden. Wir müssen alles tun, um durch Impfen und Testen wieder ein einigermaßen normales Leben führen zu können.

Doch bedingt durch die Pandemie, so erscheint es, werden andere wichtige politische Bereiche vernachlässigt. Auch wenn wir uns der zusätzlichen Aufgaben und des notwendigen Engagements zur Bekämpfung der Pandemie vollkommen bewusst sind, können wir dieses Argument trotzdem nicht auf ewig gelten lassen. Zu den benachteiligten Bereichen kann man sehr wohl auch die Domäne des Konsumentenschutzes zählen. Trotz der Schaffung eines eigenständigen Ministeriums vermissen wir noch immer den Mehrwert für die Verbraucher.

Bekanntlich war die Schaffung eines eigenständigen Ministeriums eine langjährige Forderung der ULC, um die Probleme der Verbraucher so besser in den Griff zu bekommen. Aber leider muss man derzeit feststellen, dass dem nicht so ist.

Mit ihren 44.000 Familienmitgliedern hat die ULC die Information, die Erziehung, die Beratung, die Sensibilisierung und die Verteidigung der Verbraucher ganz oben auf der Agenda stehen. Jedes Jahr beweisen rund 6.000 neue Streitfälle, dass Handlungsbedarf besteht. Aber eines kann die ULC nicht: Gesetze im Interesse der Verbraucher verabschieden. Dafür braucht man eine Regierung und ein Parlament.

Darum bedauern wir die äußerst langwierige und langsame politische Vorgehensweise, wie u.a. bei der Umsetzung von europäischen Direktiven ins nationale Recht. Hinzu kommt, dass es bei der Umsetzung der europäischen Richtlinien zu keiner deutlichen Stärkung des Verbraucherschutzes kommt, weil nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, welche die EU-Richtlinien erlauben.

Eine solche Richtlinie betrifft die Sammelklagen, die bis spätestens zum 31. Dezember 2022 umgesetzt werden muss. Die ULC hatte in dieser Hinsicht mehrere Unterredungen mit dem zuständigen Ministerium. Zudem haben wir etliche Gutachten zu dem diesbezüglichen Gesetzesprojekt verfasst, das noch immer seit nun fast einem Jahr auf seine Umsetzung wartet.

Hinzu kommt, dass wesentliche Forderungen der ULC, soll das zukünftige Gesetz den Verbrauchern neue Möglichkeiten eröffnen, bisher nicht übernommen wurden. Man erhält sogar eher den Eindruck, dass aus welchen Gründen auch immer, das Verbraucherschutzministerium den Interessen der professionellen Seite entgegenkommt.

Wie wichtig ein diesbezügliches Gesetz für die ULC und die Verbraucher wäre, beweist derzeit die Begleitung einiger unserer Mitglieder im sogenannten VW-Diesel-Gate Skandal. Nach nunmehr drei Jahren ist es noch nicht zu einem Urteil gekommen, da das Gerichtsverfahren sich immer wieder in die Länge zieht.

Bei der Ausarbeitung anderer Gesetzesprojekte wurde die ULC als Interessenvertretung der Verbraucher nicht einmal konsultiert. Auch diverse andere Bereiche ließen sich aufzählen, wo der Konsumentenschutz in den vergangenen Jahren den Finger in die Wunde legte, doch leider ohne auf Unterstützung zählen zu können.

An Arbeitsmangel wird sich die ULC auch in den kommenden Monaten nicht zu beklagen haben: Wohnungskrise, Mieterschutz, Kaufkrafterhaltung, Inflation sowie die drastischen Erhöhungen der Preise für Erdölprodukte, die Indexierung, wo es u.a. gegen Ende des Jahres zu einer Indextranche kommen soll. Weiter geht es mit der undurchsichtigen Tarifpolitik des Bankensektors, den Schließungen der Filialen, wo eine Studie davon ausgeht, dass in den nächsten zwei Jahren nicht weniger als 40% der Filialen schließen werden, die Benutzung des Bargeldes, eine sozial-gerechte Steuerreform, die Liberalisierung des Taxiwesens, die Reform des Adaptoservice, wo so manche älteren und vulnerablen Menschen auf der Strecke blieben, die Lage in den Alters- und Pflegeheimen, die Verstärkung der Kreislaufwirtschaft usw. Diese Liste könnte man beliebig fortsetzen.

Es geht der ULC bestimmt nicht darum, immer nur zu kritisieren, sondern es geht uns einzig und allein, um die Interessen aller Mitglieder und Konsumenten bestmöglich zu vertreten und zu verteidigen.

So kurz vor den Sommerferien und trotz der keineswegs rosigen Zeit, wünscht das gesamte ULC-Team allen Mitgliedern und Verbraucher eine schöne, erholsame und geruhsame Ferienzeit.

Nico Hoffmann
Präsident der ULC

08/07/2021