Nachbarschaftsprobleme


RECHTSGUTACHTEN

Gegenstand : die Regelung betreffend die nachbarlichen Beziehungen im Zusammenhang der Pflanzung von Bäumen oder Hecken.

Viele Schäden am Grundbesitz werden von Bäumen und Sträuchern (insbesondere von deren Ästen und Wurzeln) verursacht, die auf Nachbargrundstücken gepflanzt wurden.

So hält das Gesetz eine Reihe wesentlicher Grundsätze fest bezüglich der bei Anpflanzungen einzuhaltenden Entfernungen.

3) Allgemeine Regeln :

d) Festgehalten unter Artikel 671 des Code civil :

Die Artikel 671 bis 673 des Code civil regeln die Pflanzung von Bäumen, Bäumchen und Sträuchern zwischen zwei verschiedenen, aber angrenzenden Grundstücken. 

So wird in Artikel 671 des Code civil darauf hingewiesen, dass „es nicht erlaubt ist Bäume, Bäumchen und Sträucher zu haben, deren Höhe zwei Meter überschreitet, wenn sie nicht zwei Meter von der Grenzlinie zwischen beiden Grundstücken stehen.“  

Dies bedeutet, dass man Bäume oder sonstiges dessen Höhe 2 Meter überschreitet pflanzen kann, sofern diese Bäume über 2 Meter von der Grenzlinie zum Nachbargrundstück entfernt sind.

Es versteht sich von selbst und ist nur logisch, dass diese Pflanzungen die Nachbarn nicht durch widerlichen Gestank oder andere nachstehend erwähnte Störungen belästigen dürfen. 

Artikel 671 des Code civil besagt ebenfalls, dass Bäume, Bäumchen und Sträucher aller Art zu beiden Seiten der Grenzlinie am Spalier gezogen werden können, ohne dass irgendeine Mindestentfernung eingehalten werden muss.

Falls die Grenzmauer nicht gemeinschaftlich ist, darf nur der Eigentümer Spaliere daran anbringen.

e) Strafe bei einem Verstoß gegen Artikel 671 des Code civil:

Artikel 672 des Code civil formuliert den Grundsatz, dass der Nachbar verlangen kann, dass Anpflanzungen die weniger als 2 m von der Grundstücksgrenze entfernt sind herausgerissen oder auf die gesetzliche Höhe von 2 m gestutzt werden.

Zu diesem Grundsatz gibt es die 3 folgenden Ausnahmen :

- Der Nachbar, auf dessen Grundstück sich die strittige Pflanzung befindet, verfügt über einen Nachweis : eine solche authentische Urkunde konkretisiert eine Vereinbarung unter Nachbarn.

- Die Nutzung des guten Familienvaters : dieser wenig explizite Begriff besagt, dass beide Grundstücke ursprünglich nur ein Grundstück bildeten und dass es später zu einer Teilung dieses Grundstücks kam, woraus sich die Nichteinhaltung der bei Anpflanzungen vorgeschriebenen Entfernungen erklärt.

- Die 10-Jahres-Verjährung : die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Entfernungen besteht seit über 10 Jahren, ohne dass der Nachbar jemals gerichtlich dagegen vorgegangen wäre.

Wenn ein Besitzer sich auf diese 3 Ausnahmen berufen kann und beschließt, seine eigenen Pflanzungen herauszureißen oder sie zu beschneiden, oder wenn diese Pflanzungen absterben, kann er diese Pflanzen ersetzen, aber unter der Voraussetzung dass er jetzt die im Artikel 671 des Code civil vorgesehene gesetzliche Entfernung einhält.

f) Zweige oder Wurzeln, die auf das benachbarte Grundstück vordringen :

Es kommt häufig vor, dass Zweige oder Wurzeln von Bäumen und Sträuchern auf das Nachbargrundstück vordringen.

In diesem speziellen Fall kann der Nachbar den Besitzer dieser Pflanzen dazu zwingen, die auf sein Grundstück übergreifenden Zweige abzuschneiden. Auch wenn er keine entsprechende Bitte äußert, kann er dennoch jene Früchte ernten, die an den Zweigen hängen die in sein Grundstück hineinreichen (siehe Obstbäume).

Wenn es sich aber um Wurzeln, Dornenranken oder Reisig handelt, darf der „überwucherte“ Nachbar diese selbst schneiden innerhalb seiner eigenen Grundstücksgrenzen. 

Dieses Recht ist unverjährbar, d.h. der „überwucherte“ Nachbar kann jederzeit handeln und er unterliegt dabei keinerlei Fristen.
Wenn es sich um Pflanzungen in einer gemeinschaftlichen Hecke handelt, die als Trennmauer zwischen den beiden Grundstücken dient, so kann jeder der beiden Nachbarn verlangen, dass diese Bäume oder Sträucher gefällt werden.

4) Ausnahmen zu den allgemeinen Bestimmungen von Artikel 671 des Code civil :

Abweichungen von den allgemeinen Bestimmungen des Code civil sind möglich.

Ministerialverordnungen oder Gemeindereglements können nämlich explizit vom Code civil abweichen.

Im Rahmen des großherzoglichen Erlasses vom 4. April 1960 über die Bauten und die Pflanzungen längs der Straßen wird beispielsweise festgehalten, dass die gesetzliche Entfernung 10 Meter beträgt.

Das Gleiche gilt für das Gesetz vom 17. Dezember 1859 über die Eisenbahnpolizei, in dem eine Entfernung von 20 Metern vom freien Rand der Eisenbahn vorgesehen ist für Hochstammbäume  und von 6 Metern für die anderen Bäume.
Das Gesetz vom 12. Juli 1844 über die Feldwege besagt, dass die einzuhaltende Entfernung jener von Artikel 671 des Code civil entspricht, aber es wird darin präzisiert, dass die Gemeinden die im Artikel 671 des Code civil vorgesehenen Entfernungen verringern können.

Vor jeder Klage sollte man also das Gemeindereglement studieren um zu ermitteln, ob eine Abweichung vom Gesetz darin festgehalten ist.

Me Jean-Marie BAULER