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News 08/2023

foodwatch-Report

Jedes dritte Getreideprodukt mit Pestiziden belastet

Ein Drittel der Getreideprodukte in Europa ist mit Pestizid-Rückständen belastet. Zu diesem Ergebnis kommt der foodwatch-Bericht „The Dark Side of Grain“. Für diesen hat die Verbraucherorganisation Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu Pestizidrückständen in unverarbeitetem Getreide und verarbeiteten Getreideprodukten wie Brot und Haferflocken analysiert.

837 von insgesamt 2 234 Proben (37 Prozent) enthalten demnach ein oder mehrere Pestizide. Die belasteten Proben weisen 1 215 Rückstände von 65 verschiedenen chemischen Pflanzenschutzmitteln auf. Davon überschreiten zwar lediglich 18 Rückstände in 14 Proben die Rückstandshöchstmengen (MRL), jedoch birgt die schiere Zahl verschiedener Pestizide (Pestizid-Cocktail) in den Produkten ein gesundheitliches Risiko für Verbraucher. In verarbeiteten Getreideprodukten wie Mehl, Brot oder Haferflocken sind die Rückstände deutlich höher als in unverarbeiteten Getreidesorten.

Die Getreideproduktion trägt laut foodwatch wesentlich zum übermäßigen Pestizideinsatz in der EU bei. „Die Supermärkte sollten ihre Marktmacht nutzen und nur noch pestizidfreie Getreideprodukte verkaufen – das würde den Pestizideinsatz auf einen Schlag halbieren. Wenn unser tägliches Brot pestizidfrei wäre, dann wäre das ein Riesenschritt hin zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Landwirtschaft”, so Annemarie Botzki von foodwatch.

Internationale Online-Petition

Unter foodwatch.org/en/supermarkets-stop-the-toxic-harvest startete die Verbraucherorganisation eine internationale Online-Petition, die Einzelhändler auffordert, bis 2025 nur noch pestizidfrei hergestellte Getreideprodukte zu verkaufen. Die Supermärkte sollen jedes Jahr Daten veröffentlichen, die zeigen, welche Produkte ohne Pestizide hergestellt werden und welche nicht. Als positives Beispiel verweist foodwatch auf den Schweizer Einzelhändler Migros, der sich für eine pestizidfreie Getreideproduktion einsetzt.

Europaweit werden etwa 50 Prozent der Ackerflächen, also insgesamt 52 Millionen Hektar, für den Anbau von Getreide wie Weizen und Mais genutzt. Das entspricht fast der Fläche Frankreichs. Für Obst und Gemüse wird hingegen lediglich die Fläche von Slowenien, dem drittkleinsten Land der EU, verwendet.


Schutz von Umwelt und Gesundheit

EU sagt Mikroplastik den Kampf an

Die EU-Kommission hat Ende September einen weiteren wichtigen Schritt zum Schutz der Umwelt unternommen, indem sie Maßnahmen verabschiedet hat, mit denen sie die Verwendung von Mikroplastik, das Produkten im Rahmen der
REACH-Verordnung bewusst zugesetzt wird, einschränkt.

Die neuen Vorschriften werden verhindern, dass annähernd eine halbe Million Tonnen Mikroplastik in die Umwelt freigesetzt werden. Durch sie wird der Verkauf von Mikroplastik als solchem und von Produkten untersagt, denen Mikroplastik bewusst zugesetzt wurde, und die dieses Mikroplastik bei der Verwendung freisetzen. In hinreichend begründeten Fällen gelten für die betroffenen Akteure jedoch Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen für die Anpassung an die neuen Vorschriften.

Der verabschiedeten Beschränkung liegt eine weit gefasste Definition von Mikroplastik zugrunde – sie umfasst alle synthetischen Polymerpartikel unter fünf Millimeter, die organisch, unlöslich und schwer abbaubar sind. Ziel ist es, die Emissionen von bewusst verwendetem Mikroplastik aus möglichst vielen Produkten zu verringern. Einige Beispiele für gängige Produkte, die unter die Beschränkung fallen, sind:

  • das Granulatmaterial, das auf künstlichen Sportflächen verwendet wird – die größte Quelle von bewusst verwendetem Mikroplastik in der Umwelt
  • Kosmetika, bei denen Mikroplastik für vielfältige Zwecke verwendet wird, z. B. für die Exfoliation der Haut (Mikroperlen) oder die Erzielung einer spezifischen Textur, eines Duftstoffs oder einer bestimmten Farbe
  • Detergenzien, Weichmacher, Glitter, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Spielzeug, Arzneimittel und Medizinprodukte, um nur einige zu nennen.

Produkte, die an Industriestandorten verwendet werden oder bei der Verwendung kein Mikroplastik freisetzen, sind vom Verkaufsverbot ausgenommen, ihre Hersteller müssen jedoch Anweisungen zur Verwendung und Entsorgung des Produkts geben, um Freisetzungen von Mikroplastik zu vermeiden.

Die ersten Maßnahmen, z. B. das Verbot von losem Glitter und Mikroperlen, werden seit Mitte Oktober angewendet. In anderen Fällen wird das Verkaufsverbot nach einem längeren Zeitraum in Kraft treten, um den betroffenen Interessenträgern Zeit zur Entwicklung und Umstellung auf Alternativen zu geben.


Datenleck bei MotelOne

Millionen Kundendaten gestohlen

Kriminelle Hacker haben eine große Menge interner Daten der Hotelkette MotelOne veröffentlicht, darunter umfangreiche Übernachtungslisten der vergangenen Jahre mit Millionen von Namen, einschließlich des Hotelgründers Dieter Müller.

Die Hackergruppe ALPHV, die sich zu dem Angriff bekannt hat, verlangte von MotelOne ein Lösegeld in Höhe von 50 Millionen Euro. MotelOne lehnte die Zahlung des Lösegelds ab. Daraufhin wurden die Daten im Dark­net veröffentlicht und sind dort frei zugänglich.

Unter den gehackten Daten befinden sich: fast vollständige Listen zu den Übernachtungen, Rechnungsadressen, Geburtsdaten der Kunden, interne Geschäftszahlen, Handynummern der Angestellten. Die Daten führen teilweise bis ins Jahr 2016 zurück. Das betrifft hauptsächlich die Übernachtungslisten. Die betroffenen Daten stammen laut MotelOne von Gästen aus den Jahren 2016 bis 2023. Die Daten von Mitarbeitern sind offenbar aus den Jahren 2019 bis 2023. Warum MotelOne diese Listen so lang speichert, ist bislang unbekannt.

Die Tragweite des Datenlecks könnte erheblich sein, da es potenziell Millionen Menschen betrifft, die in den vergangenen acht Jahren in einem MotelOne übernachtet haben. Die veröffentlichten Listen enthalten Namen, Aufenthaltsdaten und Zimmernummern, was es Dritten ermöglicht, detaillierte Reiseprofile zu erstellen. Nicht jeder will seine Daten über Reisen veröffentlicht wissen. Bei Geschäftsverbindungen kann das ebenso kompromittierend sein wie bei privaten Reisen.


In den großen Online-Shops

Verlässliche Textilsiegel sind Mangelware

Weil schnelllebige und minderwertig produzierte Mode Umwelt und Klima besonders stark belastet, will die EU-Kommission dieser sogenannten Fast Fashion Einhalt gebieten. Verbraucher sollen stattdessen mehr langlebige, ressourcenschonend und sozialverträglich produzierte Kleidung angeboten bekommen. Dies sieht die im März 2022 vorgelegte Textilstrategie vor, die den Bekleidungssektor in der Europäischen Union bis spätestens 2030 nachhaltiger machen soll. Doch wie ist es aktuell um die Auffindbarkeit von nachhaltigen Textilien in großen Online-Shops bestellt?

Das hat die Verbraucherzentrale NRW in einem Marktcheck überprüft. Dazu wurden die laut Brancheninformationen zehn umsatzstärksten Shops unter die Lupe genommen. Die Tester:innen suchten jeweils nach einer Damenhose Größe 38 und prüften, ob unter den ersten fünf angezeigten Hosen sofort „grüne“ Angebote erkennbar waren. Doch (fast) Fehlanzeige: „Nur vier von 50 Produkten waren als nachhaltig gekennzeichnet“, erklärt Kerstin Effers, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale NRW.

Sieben der zehn Shops boten zwar Suchfilter mit der Überschrift „Nachhaltigkeit“ an oder ermöglichten es, nach Kriterien wie „recyceltes Material“, „verbesserte Herstellung“ oder „ökologogische Materialien“ zu filtern. Doch auch hier war das Ergebnis aus Sicht der Tester ungenügend. „Kein Shop zeigte auf der Trefferliste das deutsche Meta-Siegel ‚Der grüne Knopf’ oder bekannte und geprüfte Textilsiegel wie ‚Oeko-Tex’, ,GOTS’ (Global Organic Textile Standard) oder ‚Fairtrade Cotton’ an“, so Kerstin Effers. „Stattdessen arbeiteten vier der überprüften Shops mit selbst erfundenen Symbolen und vagen Nachhaltigkeitsaussagen, die Verbrauchern keine nachvollziehbaren Informationen bieten.“

Bei einer tiefergehenden Recherche auf den Produktseiten der Damenhosen wurden Textilsiegel in der Regel ebenfalls nicht abgebildet oder erst nach weiterem Scrollen und Klicken sichtbar. „Umfassende Siegel wie der GOTS, der unter anderem ökologischen Faseranbau und eine sozial verantwortliche Herstellung fordert, haben wir unter den insgesamt 71 durchgesehenen Produktseiten überhaupt nicht gefunden“, berichtet Effers.

Nach der Verwendung von Suchfiltern tauchten unter 21 angezeigten vermeintlich „nachhaltigen“ Produkten lediglich sechsmal das Label „Cotton made in Africa“, zweimal „Oeko-Tex made in Green“, dreimal „Fair Wear Foundation“ und fünfmal nachhaltigere Viskose von Lenzing auf, jedoch auch drei Hosen, die nur einen Anteil Recycling-Polyester enthielten und deshalb schon als nachhaltig beworben wurden. Ein Händler verwies vage auf Nachhaltigkeitsaussagen des Herstellers.

06/11/2023

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