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Den grünen Wandel fördern

Die EU hat neue Regeln gegen unlautere Praktiken und zur Stärkung der vertraglichen Informationen veröffentlicht. Wir bewerten ihre voraussichtlichen Auswirkungen anhand nationaler Erfahrungen, besonders in puncto Funktionsweise von Gütern, Informationsrechte und Garantien.
16 Juli 2024
© Hadrian / Shutterstock.com

Die Europäische Union hat kürzlich neue Vorschriften zum Schutz vor unlauteren Praktiken und zur Stärkung der vertraglichen Informationen veröffentlicht, die den Verbrauchern helfen sollen, den grünen Wandel zu bewältigen.1 Auch wenn diese neuen harmonisierten Bestimmungen erst 2026 gelten sollen, ist es sinnvoll, ihre voraussichtlichen Auswirkungen bereits jetzt im Lichte der nationalen Erfahrungen zu bewerten, die der europäischen Maßnahme vorausgegangen sind. Unser Hauptaugenmerk liegt auf Bestimmungen, die sich auf die Funktionsweise von Gütern, neue Informationsrechte und Garantien nach dem Verkauf beziehen.

Vorzeitige Obsoleszenz wird ausdrücklich bestraft. Jegliche kommerzielle Kommunikation über ein Produkt mit einem Merkmal, das eingeführt wurde, um seine Haltbarkeit zu begrenzen, wird verboten. „Es sollte nicht nachgewiesen werden müssen, dass der Zweck des Merkmals darin besteht, den Ersatz der betreffenden Ware zu fördern, sondern es sollte ausreichend sein, nachzuweisen, dass das Merkmal eingeführt wurde, um die Haltbarkeit der Ware zu begrenzen.“ Die EU-Richtlinie orientiert sich am französischen Verbrauchergesetzbuch: „Verboten ist die Praxis der geplanten Obsoleszenz, die durch den Einsatz von Techniken, einschließlich Software, definiert ist, mit denen die für das Inverkehrbringen eines Produkts verantwortliche Person dessen Lebensdauer absichtlich verkürzen will.“

Diese Absicht des Herstellers nachzu­weisen, bleibt eine Herausforderung.
Leider erleichtert die Richtlinie die Be­weislast nicht durch Vermutungen,
die insbesondere auf einer Reihe von über­einstimmenden Verbraucherbeschwer­den basieren. Dieses Verbot der Obsoleszenz ermöglicht es jedoch, dass gut durchgeführte Maßnahmen zu überzeugenden Ergebnissen führen.

Erfolgreicher Kampf gegen Nintendo

So haben unsere französischen Kollegen von der UFC-Que Choisir, gestärkt durch 10 000 Zeugenaussagen, die sie innerhalb weniger Wochen erhalten haben, eine Klage wegen geplanter Obsoleszenz gegen Nintendo wegen der defekten Controller ihrer Switch-Konsolen eingereicht. Nach dreieinhalb Jahren Kampf erkannte das japanische Unternehmen das Problem an und verpflichtete sich, den Defekt für alle europäischen Verbraucher kostenlos zu beheben.

Nach der französischen Beschwerde hatte der europäische Verbraucherverband BEUC auf europäischer Ebene mehr als 25 000 Spielerberichte eingereicht. Die Verbraucher beschwerten sich über ein immer wiederkehrendes Problem mit den „Joy-Cons“, den abnehmbaren Controllern (konkret: die Spielfigur bewegt sich von selbst, ohne dass sie dazu aufgefordert wurde).

Eine weitere verbotene Praxis ist, den Verbraucher nicht darüber zu informieren, dass ein Software-­Update Auswirkungen auf die Funktionsweise der Ware haben wird. Wenn ein Verbraucher beispielsweise aufgefor­dert wird, das Betriebssystem seines Smartphones zu aktualisieren, sollte der Gewerbetreibende nicht versäumen, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass dieses Update wahrscheinlich negative Auswirkungen auf die Funktionsweise einer beliebigen Funktion wie etwa des Akkus oder auch eine allgemeine Verlangsamung des Smartphones haben könnte. Bereits im Februar 2020 ging die französische Behörde DGCCRF mit gutem Beispiel voran und verhängte gegen Apple eine Geldstrafe von 25 Millionen Euro wegen der Verlangsamung des Betriebs der iPhones 6 und 7. Das Versäumnis, die Verbraucher zu informieren, stellte eine irreführende Praxis durch Unterlassen dar.

Ein weiteres konkretes Beispiel: Verboten wird die Praxis, den Verbraucher über die Druckereinstellungen dazu zu drängen, die Tintenpatronen auszutauschen, bevor sie tatsächlich leer sind, oder ihn nicht darüber zu informieren, dass die Funktionalität durch die Verwendung von Patronen, Ersatzteilen oder Zubehör, die nicht vom Originalhersteller geliefert werden, beeinträchtigt wird. Originalteile bleiben also gegenüber oftmals billigeren Alternativen geschützt, was den Wettbewerb hemmt.

Ein Index der Reparierbarkeit

Auf europäischer Ebene wird ein Index für die Reparaturfähigkeit der von den Herstellern gelieferten Güter erstellt. Dabei wird es sich um „eine Note handeln, die die Reparaturfähigkeit eines Produkts ausdrückt und auf harmonisierten Anforderungen beruht, die auf europäischer Ebene festgelegt werden.“
Die Erfahrungen Frankreichs, das seit dem 1. Januar 2021 über einen solchen Index verfügt, werden als nützlicher Leitfaden dienen. Eine kürzlich vom Ministerium für Transformation und öffentlichen Dienst durchgeführte Folgenabschätzung ergab einen deutlichen Anstieg des Verkaufs von Produkten mit höherer Reparatur­fähigkeit, der jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit allein auf die Einführung des Indexes zurück­geführt werden kann. Die Studie weist auch auf anhaltende Hemmnisse für die Reparatur hin, wie zum Beispiel ihre Kosten, insbesondere für Ersatzteile, ein Mangel an Wissen darüber, wie man Produkte reparieren (lassen) kann, und ein Mangel an Vertrauen in die Robustheit von (neuen und reparierten) Produkten.

Bis der europäische Reparaturfähigkeitsindex vorliegt, werden die Verbraucher Anspruch auf Informationen über die Verfügbarkeit, die geschätzten Kosten und das Bestellverfahren von Ersatzteilen haben, die zur Aufrechterhaltung der Konformität der Waren erforderlich sind, sowie über die Verfügbarkeit von Reparatur- und Wartungsanleitungen und Reparatur­beschränkungen ... vorausgesetzt, der Hersteller stellt diese Informationen dem Verkäufer zur Verfügung! Es wird nichts über die Sanktionen bei Nichteinhaltung dieser zahlreichen Ergänzungen der bereits langen Liste der vorvertraglichen Informationspflich­ten gesagt. Die regelmäßig in Frage gestellte Überinformation des „durchschnittlichen“ Verbrauchers bleibt also ein Grundpfeiler der Verbraucherschutzpolitik.

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Der Reparierbarkeitsindex, der in Frankreich im Januar 2021 eingeführt wurde, informiert die Verbraucher über die mehr oder weniger gute Reparierbarkeit der betreffenden Produkte und ist ein Instrument zur Bekämpfung der – geplanten oder ungeplanten – Obsoleszenz.

Garantie für Nachhaltigkeit

Eine weitere lobenswerte Initiative, deren Umsetzung jedoch ebenfalls einige Zeit in Anspruch nehmen wird, ist die kommerzielle Nachhaltigkeitsgarantie des Herstellers, die dem Verbraucher mithilfe eines harmonisierten Labels mitgeteilt wird. Dabei wird es sich um eine Garantie handeln, die der Hersteller ohne zusätzliche Kosten für die gesamte Ware und für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren anbietet. Zur Erinnerung: Die gesetzliche Mindestgarantie, die für jeden Verkäufer verbindlich ist, beträgt zwei Jahre. Ein von der Europäischen Kommission zu erstellender harmonisierter Hinweis (wie das harmonisierte Label) wird an die Existenz und die wichtigsten Elemente der gesetzlichen Konformitätsgarantie erinnern.

Die Richtlinie über den „grünen Wandel“ verbietet auch allgemeine umweltbezogene Angaben wie „naturfreundlich“, „grün“ usw. Die Angabe „klimafreundliche Verpackung“ wäre eine allgemeine Angabe, während die Angabe „100 % der zur Herstellung dieser Verpackung verwendeten Energie stammt aus erneuerbaren Quellen“ eine spezifische Angabe wäre, die nicht unter dieses Verbot fällt.

Ebenfalls verboten wird die Behauptung sein, dass ein Produkt aufgrund des Ausgleichs von Treibhausgasemissionen eine neutrale, reduzierte oder positive Auswirkung auf die Umwelt in Bezug auf Treibhausgasemissionen hat. „Dieses Verbot sollte Unternehmen nicht daran hindern, mit ihren Investitionen in Umweltinitiativen, einschließlich Projekten für CO2-Kredite, zu werben, sofern sie diese Informationen in einer Weise bereitstellen, die nicht irreführend ist und die im Unionsrecht festgelegten Anforderungen erfüllt.“

Auf dieser Grundlage führte die ULC einen fruchtbaren Dialog mit Luxair bezüglich ihrer „CO2 Offset“-Kommunikation, wobei die Fluggesellschaft schließlich beschloss, diese Kommunikation vollständig zu entfernen, nachdem die Europäische Kommission zahlreiche Fluggesellschaften we-
gen ihrer verschiedenen irreführenden Behauptungen zu CO2-Emissionen ab­gemahnt hatte.

  1. Richtlinie (EU) 2024/825 vom 28. Februar 2024, veröffentlicht im ABl. L der EU vom 6.3.2024

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