Europäische Dossiers

Themen

Finance 2.0: Fortschritt und Fehlentwicklungen

Die LFF will Luxemburg bis 2030 mithilfe von KI zu einem europäischen Vorreiter im Bereich Finanzinnovation machen. Doch mit dem digitalen Euro, Open Banking oder dem nachhaltigen Finanzwesen laufen Verbraucher Gefahr, die Kontrolle über ihre Finanzdaten zu verlieren.
24 April 2025
© A9 STUDIO / Shutterstock.com

Die LFF (Luxembourg for Finance), die Entwicklungsagentur des luxemburgischen Finanzplatzes, betonte erst vor Kurzem1 „ihr Engagement, das Land bis 2030 zum europäischen Zentrum für Finanzinnovation zu machen“, indem sie sich fortschrittliche Technologien wie die künstliche Intelligenz zunutze machen will. Man muss kein Finanzexperte sein, um zu erkennen, dass die Verbraucher mit den auf europäischer Ebene bereits weit fortgeschrittenen Projekten wie dem digitalen Euro, Open Banking oder dem nachhaltigen Finanzwesen nach und nach die Kontrolle über ihre Finanzdaten verlieren werden.

Nach unserem Artikel „Europäische Neuigkeiten im Finanzbereich: Der ewige Kampf David gegen Goliath?“ in der vorherigen Ausgabe gehen wir diesmal auf besonders fortschrittliche Initiativen ein, die am Finanzplatz bereits heiß diskutiert werden, angefangen mit dem digitalen Euro (Digital Euro2) Diese Währung von allgemeinem Interesse gibt sich als „eine neue digitale Form des Geldes, die Verbrauchern und Unternehmen in Situationen, in denen Bargeld nicht verwendet werden kann, eine größere Auswahl bietet“.3

Der digitale Euro, der für die breite Öffentlichkeit anscheinend noch ziemlich unbekannt ist, wird (auf den ersten Blick ehrenhafte) Ziele der finanziellen Zugänglichkeit und Inklusion verfolgen, dank (a) der Kostenfreiheit der physischen Zahlungskarte und der Verwaltungsschnittstelle, (b) der Garantie menschlicher Interaktionen für die Aktivierung und Unterstützung, (c) die breite Nutzbarkeit bei Transaktionen zwischen Privatpersonen und (E-)Händlern, all dies in Kombination mit einer schützenden öffentlichen Verwaltung des Systems durch die EZB (Europäische Zentralbank) - insbesondere für den Schutz und die Anonymisierung von Daten, die Streitbeilegung und Betrugsprävention usw.

Obwohl die Europäische Kommission und die EZB immer wieder vorsichtig und beschwichtigend auf das Projekt hinweisen, ist die größte Sorge der Verbraucherverbände natürlich, dass der Umlauf und die Verwendung von Bargeld eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden könnten, und zwar sowohl rechtlich ((in)direkt in den Texten) als auch de facto (sobald die Einführung des Geldes erfolgt ist). Angesichts des Umfangs des Projekts und seiner nicht zu vernachlässigenden Auswirkungen lässt sich die EZB dennoch Zeit für die Analyse: Seit den ersten Schritten, die 2020 eingeleitet wurden, dürfte allein die Vorbereitungsphase nicht vor Ende 2025 abgeschlossen sein, gefolgt von einer zweiten Umsetzungsphase (die erst eingeleitet werden soll, wenn das europäische Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist).

Eine weitere ehrgeizige Initiative, die ebenso viele Bedenken hervorruft, ist Open Banking oder Finance4, die neue Dienstleistungen für den Austausch von Finanzdaten zwischen Banken und Finanztechnologieunternehmen (den sogenannten Fintechs) umfassen wird.

In diesem Zusammenhang zeichnen sich mehrere deutliche Herausforderungen ab, darunter:

  1. Die Sicherheit der gemeinsam genutzten Daten, dies in Kombination mit einer minimierten Verarbeitung auf der Grundlage begrenzter Zwecke (im Sinne der DSGVO).5
  2. Die Nichtdiskriminierung oder Verweigerung des Zugangs zu einer Dienstleistung / einem Produkt (insbesondere einem Kredit), wenn die Nutzung dieser Teil-Methode vom Verbraucher ausgeschlossen wird.
  3. Die Einführung von verbraucherverwalteten Dashboards, um Dritten den Zugang zu gewähren / zu entziehen.
  4. Die obligatorische Löschung der Daten im Falle eines Widerrufs / Ablaufs der Gültigkeitsdauer der Genehmigung.


Nachdem das Europäische Parlament und der Rat bereits im Laufe des Jahres 2024 über den Vorschlag abgestimmt haben, werden die Triloge im Jahr 2025 fortgesetzt und wahrscheinlich mit der Verabschiedung des Textes vor Ende des Jahres besiegelt werden. Die vom Europäischen Parlament geforderten und insbesondere vom Europäischen Verbraucherverband (BEUC)6 unterstützten Vorschläge für zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen müssen aber noch angenommen werden.

Schließlich wecken das nachhaltige Finanzwesen und die damit verbundenen Umweltbehauptungen seit einigen Jahren das Interesse der Verbraucher, aber sie werden mit einem immer größer werdenden Dschungel von Bezeichnungen, Labels und Zertifizierungen usw. konfrontiert – fast so umfangreich wie im Lebensmittelbereich – und es ist sehr schwierig, sich darin zurechtzufinden.

Das Mandat der neuen EU-Finanzkommissarin7 weist diese an, „nachhaltige Finanzen zu entwickeln, insbesondere Übergangsfinanzierungen und Klimaresilienz“, aber ohne von Anfang an Schutzmaßnahmen vorzusehen, die jedoch für die Ausbreitung einer so neuen Materie, deren Hauptadressaten erneut die Verbraucher sein werden, sehr wohl notwendig wären.

In diesem Zusammenhang betont der BEUC8 vor allem die Notwendigkeit, dass Verbraucher, die finanzielle Entscheidungen im Einklang mit ihren Überzeugungen treffen wollen, korrekte und konzise Informationen und Ratschläge über die Produkte, die sie kaufen, erhalten, und betont gleichzeitig, dass die Verantwortung für die Wahl solcher Produkte nicht bei den Verbrauchern liegen sollte, wo doch nicht nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten, die Schäden verursachen, ein politisches Thema bleiben, mit dem sich die Gesellschaft auseinandersetzen muss.

Inmitten all dieser Initiativen ist ein weiteres in demselben Mandat der neuen EU-Kommissarin genanntes Ziel, die Entwicklung einer Strategie zur „Finanziellen Allgemeinbildung“, die logischerweise Priorität haben oder sogar anderen Projekten vorausgehen sollte. Die Ergebnisse einer im Januar 2023 von ILRES9 veröffentlichten Umfrage über die finanzielle Allgemeinbildung der Einwohner Luxemburgs zeigen in der Tat, dass junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren in Bezug auf finanzielle Kenntnisse, Verhaltensweisen und Einstellungen sowie digitale finanzielle Allgemeinbildung am schlechtesten abschneiden, und dass von den befragten Einwohnern zwischen 18 und 79 Jahren nur 63 Prozent Grundkenntnisse über Inflation und 51 Prozent Grundkenntnisse über das Finanzkonzept der kumulativen Zinsen haben.

Die Notwendigkeit der Stärkung der Finanzbildung, in Luxemburg und anderswo, ab der Grund- bzw. Sekundarschule, wird von der ULC seit langem als Grundlage für den (präventiven) Schutz der Haushalte vor Überschuldung, übermäßiger Risikobereitschaft, Betrug oder Cyberrisiken identifiziert. Allerdings sollte nicht alles allein auf den Verbraucher abgewälzt werden: Finanzielle Bildung ergänzt den Schutz des Einzelnen, sollte aber nicht dazu bestimmt sein, eine ehrgeizige Regulierung gegen die Fehlpraktiken von Gewerbetreibenden (wie sie zum Beispiel in unserem vorherigen Artikel beschrieben wurden) zu ersetzen.

...

  1. Paperjam-Artikel, « Le Luxembourg mise sur la finance durable et l’innovation d’ici 2030 », online veröffentlicht am 27.1.2025.
  2. Vorschlag für eine "Europäische Verordnung zur Einführung eines digitalen Euro", datiert vom 28.06.2023.
  3. Siehe die Webseite „Digital Euro“ der Europäischen Kommission für eine vollständige Übersicht:
    https://finance.ec.europa.eu/digital-finance/digital-euro_en?prefLang=de.
  4. Vorschlag für eine „Europäische Verordnung über einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten“, datiert vom 28.6.2023.
  5. "Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679" (DSGVO), datiert vom 27.4.2016.
  6. BEUC Factsheet ‘Open Finance - Key points for consumers’, datiert vom Februar 2025.
  7. 'Mission Letter to Maria Luís Albuquerque, Commissioner-designate for Financial Services and the Savings and Investments Union, 17.9.2024'.
  8. BEUC Positionspapier ‘A consumer agenda for sustainable retail finance & banking - Consumer priorities for the 2024-29 period’ datiert vom Juni 2024.
  9. „Bewertung der finanziellen Allgemeinbildung und Inklusion in Luxemburg“, OECD/INFE Toolkit, Umfrage von ILRES, ABBL und CSSF, datiert vom Januar 2023.

Abonnierte Artikel sind in unserem Magazin De Konsument lesbar.

Letzte Ausgabe

de Konsument N°6/2025

17-09-2025

Kostenlose Beratung

Nutzen Sie eine kostenlose Erstberatung mit einem unserer Berater.

Kostenlose Beratung

Nutzen Sie eine kostenlose Erstberatung mit einem unserer Berater.

Diese Website verwendet Cookies und andere ähnliche Technologien, die für den Betrieb der Website unbedingt erforderlich sind und die Verarbeitung personenbezogener Daten erfordern.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzrichtlinie - Verarbeitung und Schutz personenbezogener Daten.